Paul - oder so!

22.Dezember 2019


Ich heiße Paul.
So steht es zwar nicht in meinem Pass, aber das soll uns egal sein. Ich höre auf diesen Namen und sitze heute Abend - wie an vielen Montagen seit vielen Jahren - von 19:00 Uhr an für etwa zwei Stunden mit Gleichgesinnten und teilweise auch mit deren Angehörigen oder Partnern hier in einem Raum im Haus der Begegnung zusammen. Es ist ein wichtiger, immer wiederkehrender Termin für mich, den ich nur aus wichtigem Grund versäume. Wie es dazu gekommen ist, erzähle ich Euch gerne:
Irgendwann als Jugendlicher bin ich auf vernünftige Weise und mit Bedacht an den Genuss alkoholischer Getränke herangeführt worden. Ich weiß nicht mehr genau, ob das erste dieser Getränke das Glas Wein sonntags am elterlichen Mittagstisch war oder der Gin-Fizz auf einer der vielen Partys. Das ist auch nicht entscheidend prägend für meinen weiteren Lebensweg.
Unterwegs konnte ich dem Wein, dem Bier, dem Sekt und auch dem Schnaps bei all den gesellschaftlichen Ereignissen nicht ganz aus dem Weg gehen. Zwar waren das viele Jahre stets Einzelereignisse, die dann aber auch schon einmal dazu  führten, dass ich das verträgliche Maß überschritten habe und damit die Wirkung des Alkohols, aber auch die Nachwirkungen zu spüren bekam.
Mit den Jahren habe ich mir abends nach des Tages Mühen immer einmal wieder ein Glas Wein - und wenn es besonders gut an einem Tag gelaufen war - auch einmal einen guten Whisky gegönnt. Aber immer bescheiden und nicht im Überfluss.
Ein Unfall - und vor allem seine Folgen - haben mich dann vor etwa 17 Jahren an die betäubende Wirkung des Alkohols erinnern lassen. Ich habe diese Droge immer stärker dazu benutzt, meinen Geist zu benebeln, meine Situation zu verdrängen. Die Kontrolle über mein Trinkverhalten war nur selten möglich. Im betrunkenen Zustand konnte ich aber weder einen klaren Gedanken fassen noch vernünftig handeln.
Ich griff zwar immer erst am Nachmittag, wenn ich von der Arbeit wieder zuhause war, zur Flasche, konnte dabei jedoch den häuslichen Konflikten nicht aus dem Wege gehen. Auch in der Firma fiel mein verändertes Benehmen auf. Ich wurde darauf hingewiesen, kannte auch ganz genau die Ursache, belog mich dennoch von Mal zu Mal selber. Ich fand für mich keinen Ausweg aus dieser Verstrickung.
Meiner Frau habe ich es zu verdanken, dass ich jetzt seit vielen Jahren montags hier in meiner Freien Selbsthilfegruppe flür Alkoholiker und Angehörige sitze und wir uns miteinander austauschen.
Sie hat sich damals, als es nicht mehr mit mir auszuhalten war, bei unserem Hausarzt Rat geholt und mich zu ihm geschickt. Der hat mir dann ganz ruhig und vernünftig in einem lockeren Gespräch von den Möglichkeiten berichtet, die es gibt, um wieder ein ordentliches Leben zu führen. Empfohlen hat er mir den Aufenthalt in einer besonderen Abteilung des Elmshorner Krankenhauses, der P 5. Dort lernte ich dann während der qualifizierten Entgiftung mehrere Selbsthilfegruppen kennen. Aus verschiedenen Gründen - aber auch wegen der geringen Entfernung zwischen Treffpunkt und Wohnadresse - entschied ich mich für diese Selbsthilfegruppe.
Ich habe die Entscheidung nie bereut und es freut mich, dass ich es auf geradem Weg und mit dieser Unterstützung ge-schafft habe, seitdem ein zu-friedenes, alkoholfreies Leben zu führen.
Wenn Du oder Ihr - wir sprechen uns lediglich mit dem Vornamen und „Du" an - ein ähnliches Problem bei Euch oder Euren engsten Mitmenschen feststellt, schaut doch einfach einmal bei uns vorbei. Wie schon geschrieben: Immer montags ab 19:00 Uhr im Haus der Begegnung! Bis dann!

Paul - oder so!
 

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